Naturkatastrophen, internationale Flucht- und Migrationsbewegungen und nicht zuletzt auch Cyberattacken: Nicht erst seit Ausbruch der COVID-19-Pandemie beschäftigt die Weltgemeinschaft eine Reihe von globalen Krisen. Die COVID-19-Pandemie hat andere Herausforderungen wie Ungleichheit, Armut, Flucht- und Migrationsbewegungen, Klimawandel, Urbanisierung, Globalisierung und Digitalisierung verstärkt und verdeutlicht. Diese Krisen hängen eng mit unserem modernen Lebensstil zusammen, mit der zunehmenden Urbanisierung, der Übernutzung von Ressourcen und auch mit dem rasanten technologischen Fortschritt. Sie stehen gleichzeitig oftmals in einem engen Zusammenhang miteinander. Auf der Suche nach zielführenden Lösungsansätzen bedarf es daher einer ganzheitlichen Betrachtung.
Im Rahmen der UN-Nachhaltigkeitsziele (Sustainable Development Goals [SDGs]) der Agenda 2030 verpflichtete sich die Weltgemeinschaft im Jahr 2015, diesen und weiteren Herausforderungen bis 2030 zu begegnen. Gefragt sind dafür nicht nur Lösungen auf nationalstaatlicher Ebene. Die Agenda 2030 stellt auch hohe Ansprüche an die internationale Zusammenarbeit und an multilaterale Institutionen. Zudem unterstreicht sie die Notwendigkeit einer grundlegenden Transformation unserer Wirtschaftsweise hin zu mehr Nachhaltigkeit – und das in kurzer Zeit, wenn es darum gehen soll, auch zukünftigen Generationen ein würdevolles Leben zu ermöglichen und in Zukunft Krisen mit mehr Resilienz zu begegnen.
Der jüngste Zwischenbericht der UN (United Nations) zu den SDGs weist deutlich darauf hin, dass die Weltgemeinschaft schon vor der Coronavirus-Pandemie bei keinem der Nachhaltigkeitsziele auf dem Weg war, ihre „2030-Ziele“ zu erreichen. In einigen Bereichen – wie etwa bei der Armutsbekämpfung – gab es nur sehr geringe Fortschritte. Doch in vielen Bereichen gab es lediglich Stagnation oder sogar Rückschritte, wie z. B. bei der Bekämpfung des Hungers und der Ungleichheit in der Welt. Die Coronavirus-Pandemie verschärft die Probleme in zahlreichen Bereichen weiter und macht auch bereits erzielte Erfolge zunichte. Erstmals seit mehr als 20 Jahren ist beispielsweise wieder ein Anstieg von extremer Armut zu verzeichnen.
Die Arbeit der 2021 neu formierten KFIBS-Forschungsgruppe „Globale Zukunftsfragen“ orientiert sich im Kern an den zentralen und komplex miteinander verwobenen globalen Herausforderungen, die sich durch die Agenda 2030 stellen. Auch die Themen „Digitalisierung“, „Künstliche Intelligenz (KI)“ sowie „Fragen der Wissenschafts- und Forschungsethik“ sollen eine wichtige Rolle spielen. Die thematische Forschungsgruppe wird ihren Blick mit inter- und transdisziplinären wissenschaftlichen Analysen und Dialogveranstaltungen auf entsprechende nationale und internationale Probleme, institutionelle Prozesse, Akteure, Entwicklungen und Lösungsansätze richten. Ziel ist es, Mitglieder aus Wissenschaft und Praxis in ihrer Arbeit zusammenzubringen, um gemeinsam Problemanalysen und Lösungsstrategien zu diskutieren.
Zu den Forschungsfragen, denen sich die interdisziplinäre KFIBS-Forschungsgruppe widmet, zählen:
- Welche Herausforderungen stellen sich durch die weiter oben beschriebenen Prozesse und Entwicklungen für die Zukunft?
- In welchem Zusammenhang stehen sie zueinander?
- Wie könnten mögliche Lösungsansätze aussehen?
- Wie kann die notwendige gesellschaftliche und wirtschaftliche Transformation gestaltet werden?
- Welche Rolle spielt dabei die Politik Deutschlands und der Europäischen Union (EU)?
- Auf welcher Governance-Ebene können und sollten Lösungsansätze entwickelt werden?
Die Arbeitsschwerpunkte der Forschungsgruppe „Globale Zukunftsfragen“ lauten wie folgt:
- Fragen des nationalen und internationalen Umwelt- und Klimaschutzes aus politikwissenschaftlicher und völkerrechtlicher Perspektive
- Herausforderungen der Nachhaltigkeitstransformation (Energie, Mobilität und Industrie)
- Kreislaufwirtschaft
- Bekämpfung von Seuchen und Pandemien
- Globale Gesundheitspolitik
- Migration und Menschenrechte
- Armutsbekämpfung
15. März 2022: Zwei Stimmen aus der KFIBS-Forschungsgruppe „Globale Zukunftsfragen“, die angesichts des aktuellen Kriegsgeschehens in der Ukraine, das durch das Putin-Regime ausgelöst wurde, zu den Themen „Energiewende und Energiesicherheit“ sowie „Flucht und Menschenrechte“ Stellung nehmen.
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„Der Angriff Russlands auf die Ukraine führt uns vor Augen, was schon lange Realität ist – in der Politik aber nicht als dringendes Problem wahrgenommen wurde: Deutschland ist für seine Öl-, Gas- und sogar Kohleimporte hochgradig abhängig von der Russischen Föderation. Das nun zu ändern, wird Jahre dauern. Der geplante Neubau von Terminals für Flüssiggasimporte – möglicherweise aus den USA – ist jetzt eine erste politische Lösung. Der Fokus sollte hierbei auf der Energiewende liegen: Um seine Energiesicherheit zu erhöhen, sollte Deutschland noch energischere Schritte unternehmen, um die Energieeffizienz zu steigern, die Umstellung der Stromversorgung auf erneuerbare Energien zu beschleunigen und die Elektrifizierung seiner Wirtschaft voranzutreiben.“
Dr. rer. pol. Sonja Thielges, Sprecherin, Mitglied und Autorin der KFIBS-Forschungsgruppe „Globale Zukunftsfragen“
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„Der Krieg in der Ukraine wird das Thema ‚Flucht‘ in einer ganz neuen Form auf die europäische Tagesordnung setzen. Laut UNHCR sind in der ersten Kriegswoche bereits eine Million Menschen aus der Ukraine geflohen – die meisten davon in die EU. Der rücksichtslose Umgang mit der ukrainischen Zivilbevölkerung, wie er sich etwa in dem völkerrechtswidrigen Einsatz von Munition mit Flächenwirkung über Wohngebieten äußert, befördert eine humanitäre Krise mitten in Europa. Dies wird die Heilung der Kriegswunden zusätzlich erschweren und die EU-Staaten in Zukunft intensiv beschäftigen.“
Fine Hartmann, Bachelor-Studentin, Mitglied und Autorin der KFIBS-Forschungsgruppen „Völker- und Europarecht“ sowie „Globale Zukunftsfragen“
Mitglieder der KFIBS-Forschungsgruppe sind:
Verena L. Baumüller B. A., Master-Studentin
Lucas Hamel B.Sc., M.A., Doktorand
Malte Möbius B.Sc., M.A., Doktorand
Justin Schumann, Bachelor-Student
Johanna Siegert B.A., Master-Studentin
Sophie C. W. Stützle B.A., Master-Studentin
Dr. rer. pol. Sonja Thielges (FG-Sprecherin)